Ein einzelner Löwenzahn am Wegesrand fällt mir ins Auge. Früher wäre ich einfach daran vorbeigegangen, doch heute halte ich inne und bestaune das feine Muster seiner zarten Fallschirmchen. Solche kleinen Momente der Achtsamkeit habe ich erst lernen müssen. Sie sind nicht von selbst gekommen, sondern durch meine bewusste Entscheidung, langsamer zu werden.
Noch vor einiger Zeit hetzte ich gedankenverloren durch meinen Alltag. Während ich eine Aufgabe erledigte, war ich im Kopf schon bei der nächsten. Am Abend fiel ich erschöpft ins Bett und fragte mich, wo der Tag geblieben war. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich spürte: So will ich nicht weitermachen. Ich sehnte mich danach, das Leben wieder zu fühlen, nicht nur zu funktionieren.
Also fing ich an, kleine Anker im Alltag zu setzen. Jeden Morgen, bevor ich ins E-Mail-Gewitter starte, nehme ich mir ein paar Atemzüge Zeit. Ich spüre, wie die Luft langsam in meine Lungen strömt und wieder entweicht. Dieses einfache Innehalten schenkt mir einen ersten Moment der Ruhe.
Auch bei ganz alltäglichen Tätigkeiten versuche ich jetzt, bewusst präsent zu sein. Wenn ich mir zum Beispiel einen Tee koche, lausche ich dem leisen Knistern des Wassers und genieße den aufsteigenden Duft, anstatt ungeduldig auf mein Handy zu schauen. So wird selbst das Tee kochen zu einer kleinen Achtsamkeitsübung im Alltag.
Mit der Zeit wurden diese kleinen Rituale zu verlässlichen Oasen. Sie erinnern mich daran, dass das Jetzt der einzige Moment ist, der wirklich zählt. Indem ich meine Aufmerksamkeit immer wieder sanft ins Hier und Jetzt zurückhole, hat sich etwas verändert: Routinehandlungen fühlen sich plötzlich lebendiger an. Ein Spaziergang um den Block kann zur Entdeckungsreise werden, wenn ich wirklich hinsehe – die Farben des Himmels, das Rascheln der Blätter, das Spiel von Licht und Schatten. Im einfachen Sein finde ich auf einmal so etwas wie Geborgenheit.
Natürlich gelingt mir das nicht an jedem Tag. Es gibt nach wie vor Momente, in denen mein Kopf in alte Muster verfällt und an fünf Dinge gleichzeitig denkt. Aber anstatt mich dafür zu kritisieren, lächle ich heute öfter über mich selbst. Ich bemerke es – und kehre liebevoll mit der Aufmerksamkeit zurück. Genau diese Freundlichkeit mir selbst gegenüber ist ein Teil der Achtsamkeit, den ich erst verstehen musste: nicht perfekt zu sein, sondern wach und wohlwollend mit mir umzugehen, wenn ich abschweife.
Jeder dieser achtsamen Augenblicke ist ein Geschenk. Sie bringen mich zurück zu mir selbst. Mehr und mehr erlebe ich, wie schön selbst unscheinbare Minuten sein können, wenn ich sie wirklich erlebe. Und ich merke: Das Leben findet nicht in den Gedanken über die Zukunft oder die Vergangenheit statt – es passiert genau jetzt, während ich diese Zeilen schreibe, während du sie liest. Vielleicht spürst du in genau diesem Moment deinen Atem oder die Wärme deiner Tasse in den Händen – dann sind wir beide gerade im Hier und Jetzt angekommen.
Das Leben findet nicht in den Gedanken über die Zukunft oder die Vergangenheit statt
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Über diesen Blog
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Du darfst fühlen, zweifeln, wachsen – in deinem Tempo.
In diesem Blog findest du ehrliche Impulse, psychologisches Know-how und praktische Tools für ein Leben mit mehr Selbstannahme, innerer Ruhe und echter Verbindung.
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Tobias Kassühlke
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